Andere Ziele

Die Türkei erstreckt sich im Südosten Europas zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Der Grossteil des Landes liegt geograhisch gesehen in Asien. Das Land ist mit einer Fläche von 780.000 km² mehr als doppelt so gross wie Deutschland. Mit guten 65 Millionen Einwohnern ist die Türkei jedoch eher spärlich besiedelt (Deutschland: mehr als 80 Millionen), doch es gibt starke regionale Unterschiede. 99% der Einwohner sind Muslime - von denen wiederum der Grossteil Sunniten. Man findet jedoch auch christliche und andere Minderheiten.

Die Türkei als Republik und in ihrer heutigen Form wurde am 29.10.1923 von Kemal Atatürk (unten auf dem Geldschein zu sehen) ausgerufen. Vorher sprach man vom Osmanischen Reich. Atatürk, was "Vater der Türken" bedeutet, wird noch immer glühend vereehrt - er einte die Türken im Kampf, führte die lateinische Schrift und Nachnamen ein, trennte Staat und Religion, gewährleistete das Frauenwahlrecht (was damals sehr fortschrittlich war) u.v.m. Allerdings trifft man durchaus auch auf Leute, die auf Atatürk gar nicht gut zu sprechen sind.

Zur Parlamentarischen Republik wurde die Türkei 1982 ausgerufen. Heute werden immer noch Staat und Religion strikt getrennt - die Türkei ist ein laizistischer Staat. Bis in die 1980er spielte das Militär in der Politik eine sehr gewichtige Rolle. Heute bemüht sich die Türkei um die Aufnahme in die EU, weshalb z.B. im Jahre 2002 die Verfassung geändert wurde: So wurde z.B. die Todesstrafe abgeschafft. Auch die Lage mit den Kurden hat sich scheinbar etwas entspannt. So wurde Kurdisch als Sprache an Schulen usw. im Kurdengebiet jetzt zugelassen.

Felsmalerei
Weithin sichtbarer, in Stein gemeißelter
Nationalstolz (Ostanatolien).
Aussenpolitisch ist für Spannung gesorgt. Die Beziehungen zu Griechenland sind zum Beispiel aufgrund der Zypernfrage nicht gerade rosig. Die Beziehungen zum Nachbarn Armenien sind delikat: Um 1915 wurden grosse Teile der armenischen Minderheit in der Türkei massakriert - der erste Völkermord im 20. Jhd. Schätzungen reichen von 0.8 bis 1.5 Mio ermordeten Armeniern. Die Türkei ist jedoch weit davon entfernt, den Genozid anzuerkennen (was ja weitreichende Folgen hätte! Der Begriff 'Genozid' wird hier auch heute noch ässerst heiss diskutiert. Stattdessen verweisen viele gern auf Massaker der Armenier gegen Türken. Das es auch die gegeben hat, liegt freilich durchaus im Breich des Möglichen). Obwohl fast 90 Jahre her, ist das Thema immernoch brisant: Auch der Verfasser dieser Webseite wird deshalb beschimpft. Kaum ein anderes politisches Thema der Neuzeit erfährt soviel Propaganda wie das Armenien-Türkei-Problem. Und zwar von beiden Seiten.

Im Krieg Armenien gegen Aserbaidschan um Nagorny-Karabach war die Türkei auf der aserbaidschanischen Seite (kein Wunder - Aserbaidschaner und Türken sind sich - auch sprachlich - sehr nah). Nicht direkt, aber die Türkei drehte den Armeniern kurzerhand Strom, Gas etc. ab - mit verheerenden Folgen für Armenien. Seitdem ist die armenisch-türkisch Grenze als logische Konsequenz daraus für jedermann geschlossen. Allerdings scheint es jetzt wieder einen Direktflug zu geben.

In der EU wird nachwievor heftig debattiert, ob und wann die Türkei in die EU aufgenommen werden soll. Mächtige Fraktionen erklären, dass die Türkei nicht reif dafür sei. Andere wiederum erkennen die Bemühungen der Türkei an und fördern den Beitrittsgesuch. Was jedoch passiert, wenn die EU der Türkei auf Dauer die Tür vor der Nase zustösst!? Ich mag es mir nicht ausmalen. Nachtrag 2004: Der Versuch einiger politischer Gruppierungen, den Beitritt der Türkei zu polemisieren und mittels einer Volksbefragung (Frage 1 sollte lauten: Was wissen Sie über die Regionen der Türkei, die mehr als 1 km von der Mittelmeerküste entfernt liegen!) zu verhindern hält Tabibito für äusserst verwerflich und zudem gefährlich.

 

 

In der Türkei spricht man - wer hätte das gedacht - Türkisch. Diese Sprache zählt zu den Turksprachen, welche wiederum zur uralo-altaischen Sprachfamilie zugeordnet wird - dazu zählen auch Finnisch, →Ungarisch usw. Man benutzt lateinische Buchstaben, und zusätzliche diakritische Zeichen wie z.B. "ç" (gesprochen "tsch") und ein punktloses "i"( ı ). Gerade der Unterschied zwischen "i" und "ı" ist wichtig, sonst versteht einen wirklich niemand. Das "i" ist wie im Deutschen, das "ı" hingegen ist stimmlos, wie das kurze E in "Blume". Dann gibt es noch das " ğ " - dieses wird keinesfalls wie ein "g" gesprochen, sondern der Vokal davor wird nur verlängert. Auch der Buchstabe "ş" (sch) wird sehr oft verwendet.

Gerade in der Türkei gilt - wenn man zumindest "Guten Tag", "Danke", "Bitte" u.a. grundlegende Wörter kennt, hat man schon gewonnen.

 

 

Die Türkei ist doppelt so gross wie Deutschland und bietet naturräumlich gesehen einen grossen Formenschatz. Nahe der syrisch-irakischen Grenze wird es schon wüstenhaft; im Landesinneren, insbesondere in Ostanatolien, findet man atemberaubende Berglandschaften mit dem über 5000 m hohen Mt. Ararat als höchsten Gipfel und rund 2000 m hoch gelegene Hochplateaus rund um Erzurum, auf denen es im Winter bis zu minus 40 Grad kalt, im Sommer bis plus 40 Grad warm werden kann; wenige dutzend Kilometer weiter nördlich, entlang der frostfreien Schwarzmeerküste hingegen hat man immergrüne Regenwälder - in der Region wird - äußerst erfolgreich - Tee und Tabak angebaut. Am sonnigsten ist es entlang der Mittelmeerküste, und halbwegs gemäßigt rund um Istanbul und im gesamten europäischen Teil. Jede Ecke des Landes ist zu jeder Jahreszeit mit Sicherheit sehr reizvoll, aber im Winter sollte man nur gut verpackt nach Ostanatolien fahren, im Sommer ist der bis fast 50 Grad heisse Glutofen rund um Diyarbakır nicht jedermanns Sache.

 

Deutsche und die meisten anderen EU-Bürger brauchen kein Visum - ein noch mindestens ein halbes Jahr gültiger Pass reicht. Mittlerweilen reicht wohl sogar der Personalausweis (bin nicht sicher). Am unkompliziertesten ist die Einreise per Flugzeug. Landgrenze →Bulgarien ist auch relativ unproblematisch. An der Landgrenze zu →Georgien sind auf türkischer Seite 3 USD fällig. Dazu gibt's einen Gesundheitscheck (ein klug aussehender Mann drückt einen Riesenstempel in den Pass) und der Zoll haut auch noch einen Stempel rein - da muss man dann sogar in seinem eigenen Pass noch unterschreiben.
Währung ist die Türkische Lira (TL). Die Inflationsrate ist bzw. war haarsträubend: 1995 bekam ich für eine Mark 27'000 TL, 2002 waren es pro Euro 1,6 Mio TL! Der höchste Schein ist zur Zeit der 20 Mio TL-Schein. Geldautomaten gibt es überall reichlich, EC-Karten kann man nahezu überall benutzen. US Dollar und Euro kann man, gerade in Istanbul und entlang der Mittelmeerküste, oft ohne Nachteil benutzen. Achtung: Seit Januar 2005 gelten die Yeni Türk Lirası (Neue Türkische Lira). Sechs Nullen wurden gestrichen - Anfang 2005 hiess es somit 1 € = 1.8 TL. Die alten Scheine mit den vielen Nullen sind ab 2006 ungültig. Alle Preise innerhalb dieser Seiten sind in alten Lira angegeben - die letzten sechs Nullen also bitte wegdenken!

Tuerkischer Geldschein
Türkischer Geldschein vor dem Streichen der Nullen

Die Türkei ist für Rucksacktouristen nachwievor sehr, sehr billig. Übernachtungen gibt es immer und überall reichlich - selbst in Istanbul kann man für 10 Euro sehr zentral und gepflegt übernachten - in der Provinz sollte man mit ca. 5 Euro rechnen. Bus und Bahn sind sehr bequem und ebenfalls sehr, sehr billig. Essen und Trinken sind ebenfalls sehr billig. Einzig die Sehenswürdigkeiten in Istanbul sind sehr teuer geworden - Studenten können hier aber sehr viel Geld sparen. Wenn man sehr mobil ist, halbwegs gut isst, in normal billigen Hotels übernachtet und vielleicht 1, 2 Bier am Abend trinkt, kommt man mit 20 bis 30 Euro pro Tag hervorragend aus.

Die Türken sind sehr, sehr gastfreundlich und helfen gern. Mich hat sogar einmal ein Taxifahrer in Istanbul zu sich nach Hause eingeladen - dort konnte ich für zwei Nächte übernachten, und er fuhr mich nachts um drei leicht betrunken quer durch die Altstadt - ich wollte etwas bezahlen, aber er liess mich nicht. Allgemein gesagt, ist die Türkei für Rucksacktouristen paradiesisch. Höchstens unzählige Kinder, die einem in der Provinz hinterherrennen und ständig "Hello" und "What's your name" und manchmal auch "Money!" rufen, sowie ein paar nervende Touts, die einem in Istanbul irgendwas andrehen wollen, sind mitunter etwas nervend. Wer aber z.B. schon mal in →Ägypten war, wird die Türkei diesbezüglich sehr entspannend finden.
Eisenbahnlinien gibt es nicht so reichlich. Die Bahn ist - mit Ausnahme des Schnellzuges Istanbul-Ankara - nicht sehr schnell, dafür aber billiger als der Bus. Mehr siehe Strecke Kars→Istanbul (Tag 13). Busse spielen eine wichtigere Rolle. Sie fahren sehr häufig, sind ziemlich modern und sehr schnell. Langstreckenbusse halten auch alle 2, 3 Stunden - genau richtig. Man kann mitunter auch sehr nette Leute im Bus treffen.

Leider bzw. gottseidank darf man in Bussen nicht seine Schuhe ausziehen! Langstreckenbusse halten oft an grossen Raststellen. Achtung - Das Essen dort schmeckt meistens nicht und ist zudem reichlich teuer.

Genial sind die Sammeltaxis, genannt Dolmuş (sprich Dolmusch). Sie verkehren zwischen den Dörfern und entlang festgelegter Routen in Städten. Vorteil: Sie sind sehr schnell, kosten wesentlich weniger als ein Taxi...naja, und natürlich mehr als ein Bus und man kann sie immer und überall anhalten - zum Ein- und Aussteigen. Nachteil: Sie fahren erst los, wenn sie voll sind. Und das kann auf dem Land eine Weile dauern.

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